Frühlingsfalle: Die Risiken von zu frühem Anweiden
Stell Dir vor, wir Menschen würden uns in den nächsten Wochen überwiegend von Schokoriegeln ernähren. Für diejenigen, die Schokolade lieben, mag das wie ein Traum klingen. Doch wir wissen alle, dass eine solche Ernährung keinesfalls gesund sein kann.
Aber was hat das mit dem Anweiden zu tun?
Pferde beziehungsweise die Darmkeime des Dickdarmmikrobioms der Pferde benötigen Rohfaser, um sich optimal zu ernähren. Doch gerade im Frühjahr sind die Rohfasergehalte im Gras sehr niedrig. Das Gras enthält fast ausschließlich Zucker und Wasser - eine Mischung, die dem Pferd keinesfalls guttut.
Das ist keine Pferdeernährung! Das ist Schokoriegel-Am-Band-Fressen!
Erst allmählich mit steigenden Temperaturen nimmt der Zuckergehalt im Gras ab, während gleichzeitig der Rohfasergehalt steigt. Diese Veränderungen sind entscheidend für eine gesunde Pferdeernährung.
Es ist jedoch wichtig zu beachten, dass auf vielen Weideflächen der Zuckergehalt im Gras generell hoch ist. Dies liegt daran, dass häufig schnell wachsende Hochertragsgräser dominieren, die enorme Mengen Zucker produzieren, jedoch keine für die Verdauung des Pferdes geeigneten Magergräser enthalten.
Sehr häufig werden Pferde viel zu früh auf die Weiden gestellt, angezogen von dem verlockenden saftigen Grün. Oftmals drängt auch der Stallbesitzer, der Heu einsparen will/muss - also nix wie raus mit den Pferden. Da stehen die Pferde tatsächlich schon im März, häufiger Ende April/ Anfang Mai auf den Weiden.
Das ist eindeutig zu früh!
Zu diesem Zeitpunkt sind die Zuckergehalte im Gras viel zu hoch und die Rohfasergehalte zu niedrig, was zu einer Vielzahl von Problemen führen kann. Das Mikrobiom des Pferdes hungert und stirbt langsam ab, während sich Fremdkeime wie Pilze im Darm ansiedeln, vermehren und breitmachen können. Der Zucker im Gras bildet in dem Fall die optimale Ernährung für eben solche Fremdkeime. Die Folge ist häufig Kotwasser, aber auch die Gefahr von Hufrehe ist nicht zu unterschätzen.
Rohfaser das Fundament einer gesunden Pferdeernährung
Für diejenigen unter Euch, die bereits andere Beiträge von uns gelesen haben, ist sicherlich bewusst, wie entscheidend der Darm und sein Mikrobiom für Gesundheit oder Krankheit beim Pferd ist.
Zur Verdeutlichung: Das Pferd verfügt über ein ausgedehntes Darmmikrobiom im Dickdarm, das nicht nur für die Gesundheit oder Krankheit des gesamten Organismus verantwortlich ist, sondern auch die Immunzentrale des Pferdes bildet. 80 % aller Immunzellen sitzen im Dickdarm und bestehen aus gesunden Darmkeimen.
Diese Darmkeime spielen nicht nur eine entscheidende Rolle bei der Produktion von kurzkettigen Fettsäuren, die einen wichtigen Beitrag zur Energieversorgung des Pferdes leisten, sondern ernähren sich ausschließlich von Rohfaser, einem Bestandteil im Gras.
Deshalb lautet die goldene Regel für die Pferdefütterung: Je mehr Rohfaser, desto besser!
Nur wenn die Rohfasergehalte im Gras hoch sind, ist das überhaupt ein gutes und sinnvolles Pferdefutter!